Dies ist das letzte April-Festival von Kunst Ost. Was aus einem mehrjährigen Experiment entstand, ist in einer neuen Ereignisform aufgegangen. Es gibt nun der Kulturpakt Gleisdorf, der einen Rahmen für kulturelle Halbjahresschwerpunkte bildet.
Hier wird sich die Gemeinschaft Kunst- und Kulturschaffender mit ihren Ansprüchen und Angeboten jetzt unter anderen Bedingungen manifestieren müssen, denn die letzten Jahre haben einige kulturpolitische Grundlagen der Region verändert.
Ich hatte einer regionalen Community 2007 zum Auftakt einer Art Selbstermächtigung vorgeschlagen, wir sollten einen „Dreisprung“ wagen, in dem wir eine kollektive Kulturpraxis erproben. Prozeßhaft, dezentralisiert, sich jeweils an verschiedenen Orten ereignend. Das begann in Weiz mit „next code: flow“ [link]
Im Jahr 2008 [link] gelang dann schon eine Umsetzung, die sich zwischen Gleisdorf und Weiz entfaltete und das Publikum zur Reise zwischen den Orten einlud. Mit 2009 war klar, daß dieser Modus entwickelt und verfeinert werden sollte.
In diesen Jahren zwischen 2007 und 2014 wurde deutlich, daß Vernetzung kein Inhalt, sondern ein Werkzeug ist. Eine markante Lektion ergab sich außerdem mit den Krisenensembles, die 2008 von der Investment Bank Lehman Brothers ausgelöst wurden.
Deren Insolvenz führte zu globalen Kettenreaktionen, die sich mit hausgemachten österreichichen Problemen verbanden und uns Ende 2010 mit voller Wucht trafen.
Plötzlich waren die regionalen Kulturbudgets weg und laut Umfragen des Österreichischen Gemeindebundes die bundesweit höchste Akzeptanz für Kürzungen im Bereich Kunst und Kultur gegeben.
Ein inhaltlicher Albtraum. Das Groteske an dieser Sitution: Die Kulturbudgets sind vor allem in der Provinz derart gering, daß selbst ihre völlige Abschaffung keinerlei bemerkenswerten ökonomischen Effekt bringen könnte.
Diese schwierige Phase hätte in unserem Milieu einen markanten Professionalisierungsschub auslösen müssen; im Sinne einer rigorosen Auswertung der bisherigen Erfahrungen, einer intensiven Bündelung vorhandener Kompetenzen und einer Vertiefung von Kooperationsmöglichkeiten.
Das hat sich zwar individuell, in einzelnen Fällen, eingelöst, ist aber innerhalb der gesamten regionalen Community Kunst- und Kulturschaffender nicht zum Tragen gekommen.
Dieses Versäumnis hatte eine doppelte Konsequenz. Wir haben dadurch eine Schwächung unseres Feldes zugelassen und außerdem weitgehend eine vorzügliche Chance verschenkt, populären Klischees entgegenzuwirken.
Ich meine die Chance, einiges an vorhandener Abschätzigkeit oder wenigstens gängigen Desinteresses gegenüber dem Kulturfeld aufzulösen, indem wir diese generell krisenhafte Zeit nutzten, um zu beweisen und zu demonstrieren, daß es uns ernst ist und daß wir durch entsprechendes Engagement die Sache der Kunst auch unter sprunghaft wachsenden Belastungen aktiv vertreten, sichern.
Meine Erfahrung besagt, daß es gerade daduch möglich wurde, bei Funktionstragenden aus Politik und Verwaltung Augenmerk und Respekt zu gewinnen. Ein Reputationsgewinn, durch den es hinterher zu völlig neuen Möglichkeiten kam, als Kulturschaffender ernst genommen zu werden.
Dafür gibt es mehrere Belege. Einer davon liegt aktuell in der Tatsache, daß Kunst Ost heute formeller Teil eines überschaubaren Teams ist, in dem gerade die Themen und Grundlagen für die nächste LEADER-Periode plus einige andere größere Vorhaben erarbeitet werden. Siehe dazu etwa „Vielfalt im Team“: [link]
Das heißt, einige in unserem Milieu haben die Herausforderung angenommen, das regionale Kulturgeschehen anders zu ordnen und die Rollen von Kunst- und Kulturschaffenden gegenüber den „Machtpromotoren“ der Region neu zu gestalten.
Einige haben es vorgezogen, sich weiter nur auf ihr kreatives Tun zu konzentrieren und die Arbeit am größeren Ganzen irgendwem zu überlassen.
Bemerkenswert waren auch „Goldgräber“, die im Projektverlauf aufgetaucht sind, um uns nach Geld anzubohren und dabei genau so lange freundlich wie kooperativ zu bleiben, als Geld floß. Sobald nichts mehr zu holen war, endete deren Partnerschaftlichkeit recht flott.
Das heißt, knapp zusammengefaßt, es war in diesen Jahren viel Erfreuliches zu erleben, wo Menschen sich in ihren persönlichen Möglichkeiten und ihrem Engagement für das Gemeinwesen nachvollziehbar entwickelt und entfaltet haben. Es gab aber auch verblüffende Niedertracht und egoistische Ausritte, die einen letztlich sprachlos machen.
In all dem war das April-Festival eine Art Werkstatt, die nun noch einmal eröffnet wird; diesmal im Rahmen eines Halbjahresschwerpunktes, den der Kulturpakt Gleisdorf setzt: „Spannungsfelder“ [link]
— [Generaldokumentation] —