Wir hatten dieses wichtige Kulturpakt-Meeting, bei dem sich definitiv ein neuer Status quo im regionalen Kulturgeschehen darstellen ließ: [link] Einen Teil der Mittagszeit danach verbrachte ich dann noch mit Maler Michael Ramminger, der gerade dabei ist, sich für die nahe Zukunft neu zu orientieren.
Wir haben erörtert, was der Kunstmarkt so an Eigenheiten zeigt und welche Barrieren anstehen, wenn jemand das Kunstschaffen als Existenzgrundlage ausbauen möchte.
Wenn man, wie Ramminger, nicht geneigt ist, familiäre Bindungen der Kunstpraxis nachzuordnen, sind die Konsequenzen ja evident… Und hart. Es ist einem dann gewöhnlich nicht jene Arbeitszeit verfügbar, die man einsetzen muß, um das Geschäft ausreichend am Laufen zu halten.
Das Setting ist simpel. Jeder kleine Unternehmer, der ein Geschäft betreibt, in dem nicht gerade alltäglich notwendige Güter angeboten werden, hat eine Hackn vor sich, für die 40 Wochenstunden Arbeitszeit niemals genügen.
Geh davon aus, daß du im Schnitt wenigstens 60 Wochenstunden Einsatz bringen mußt, um dich auf sehr kontrastreichen Feldern zu bewähren. Kunstschaffen, Öffentlichkeitsarbeit, Akquisition, Organisationsarbeit…
Nur wer schon hohen Marktwert hat, wird es sich leisten können, Teile der Vermittlungsarbeit an Profis zu delegieren, denn derlei Arbeit muß man ja bezahlen.
Hat es jemand geschafft, von einem Galeristen vertreten zu werden, wird dieser bei vielen Schritten ebenfalls erwarten, daß Kunstschaffende aktiv mitwirken, laufend Beiträge leisten, um den Verkauf in Gang zu halten.
Netzwerkarbeit, Kontakte knüpfen, auf Messen präsent sein, Sammlern angemessen zu begegnen, Kuratoren betreuen… Auf diesem Feld werden keine Geschenke gemacht.
Wer demnach freischaffend leben und so ökonomisch überleben will, hat klar beschreibbare Anforderungen vor sich. Möchte ich pro Monat beispielsweise 1.500,- Euro ausgeben, muß ich wenigstens das Doppelte davon einnehmen.
Steuer und Sozialversicherung sind harte Bandagen. Bezahlter Urlaub? Gesicherter Krankenstand? Lustig! Das kann ein Freelancer vergessen, außer er schafft im laufenden Geschäft ausreichende Reserven.
Was bedeutet das? Falls ich aus künstlerischer Arbeit plus zusätzlichen Jobs pro Jahr 36.000,- Euro Umsatz schaffe (also 12 x 3.000,-) läuft mein Geschäft nicht übel. Reserven für gesundheitliche oder geschäftliche Einbrüche? Na, sicher! Die sind aber erst zulässig, wenn ich es auf 45 bis 50.000,- Euro Jahresumsatz bringe. (Dafür muß eine Menge gemalt, fotografiert, geschrieben werden.)
Sind wir einig, daß Umsatz nicht gleich Profit ist? Viele Leute wissen das nämlich nicht. Der Profit ergibt sich ja erst aus Einnahmen abzüglich Abgaben und Ausgaben.
Das ist natürlich nur eine sehr grobe, schematische Rechnung. Aber sie mag veranschaulichen, was uns bewegt, wenn wir jenes dümmliche Gerede zurückweisen, in dem Kunstschaffenden vorgeworfen wird, es würde ihnen um Geld gehen.
Es ist hoffentlich klar, daß wir alle unser Brot verdienen wollen und wer meint, das solle nicht mehr als ein Bettellohn sein, da es ja um Kunst gehe, möge sich bei mir um einen Arschtritt anstellen, denn es gibt wahrlich andere Kaliber, denen man ihren maßlosen Geldhunger zurecht vorhalten müßte.
In Österreich dürfen Sie weit gehen und lange suchen, bis sie auch nur einen Kunstschaffenden entdecken, der – sagen wir – außergewöhnlich gut verdient.
Was wäre auf dem Kunstfeld „außergewöhnlich gut“?
Auch das läßt sich genau sagen. Wenn ich gesichert das hätte, was etwa ein langgedienter Mittelschullehrer meines Altes im Jahr behalten darf, dann wäre das ein österreichisches Beispiel für „außergewöhnlich gut“.
Ab er das schafft nur ein Bruchteil Freischaffender und jene, deren Kunstpraxis darüber hinausführt, sind so dünn gesät, die müssen uns als mögliches Role Model überhaupt nicht beschäftigen.
— [Generaldokumentation] —
Pingback: April-Festival 2014: Kontext | kunst ost