Ich schließe nun nach mehreren Jahren und derzeit 645 Artikeln die Kommentarleisten dieser Website. Was gelegentlich an lesenswerten Feedbacks dahergekommen ist, steht in nicht einmal dem geringsten sinnvollen Verhältnis zu jener Spam-Flut, für die immer neue Umgehungen von Filtern und Sperren gefunden werden.
Diese Website ist seit Oktober 2010 in Betrieb. Wäre da eine Community, die mir wenigstens zehn anregende Kommentare pro Jahr einbrächte, ich hätte diesen Schritt vermieden. Aber nicht einmal das gibt unser Milieu her.
Dafür sind brüllende Werbemails mit unzähligen Links heute so lang, daß es nicht einmal mehr gelingt, derlei Spam flott wegzuklicken, weil man extra noch runterscrollen muß. Das frißt Arbeitszeit und dem steht nichts Ermutigendes gegenüber.
Also Schluß damit! Wer etwas zu sagen hat, möge das Kontaktformular nutzen, ich stelle Rückmeldungen gerne online: [link]
Broadcasting ist das Konzept „Ein Sender – viele Empfänger“. Das Web steht potentiell für „Viele Sender – viele Empfänger“. Deshalb werden Feedbackmöglichkeiten als wichtig erachtet. Deshalb sollten die Kommentarleisten im Web offen bleiben. Es ist eine Angelegenheit der Meinungsfreiheit und Medienkompetenz.
Der Beginn meiner Erfahrungen mit webgestützer Kommunikation hat ein konkretes Datum. Es ist der 5. Oktober 1985, an dem ich mit den Autoren Peter Köck und Wolfgang Siegmund ein System kennenlernte, das vor dem WWW verfügbar war: Mupid [link]
Zehn Jahre später bot die IG Autorinnen Autoren Leuten wie mir Webzugänge an.
Das war ein Bulletin Bord System, in das ich mich von Nitscha aus mit dem Tarif von Ferngesprächen einwählen mußte: [link] Recht teuer, weshalb es bald Softwarelösungen gab, durch die man offline arbeiten konnte, alles vorbereiten, um dann bloß kurz online zu gehen, um alle nötigen Vorgänge abzuspulen.
So also die Vorbedingungen der Virtuellen Akademie Nitscha, eines der ersten Netzkulturprojekte Österreichs. Die „VAN-Site“ hat heute noch ihren Namen davon: [link]
Das sind also bald 30 Jahre steirischer Kulturgeschichte mit Online-Verzweigungen. Darin änderte sich die Rolle nichtkommerzieller Kulturzeitschriften völlig und das Rundfunkmonopol Österreichs fiel, Freie Radios wurden möglich.
Es hätte sich also ein kontrastreiches, vielschichtiges, eigenwilliges Kommunikationsgeflecht entwickeln können, das sich in Nischen qualifizierter Teilöffentlichkeiten da und dort dem Boulevard entgegenstellt.
So ist es aber nicht gekommen.
Man braucht nur die jüngste Vergangenheit überprüfen, was da rund um anstehende Problemlagen an öffentlichen Diskursen evident wurde; seien es diverse Budgeteinbrüche oder Kontroversen wie jene um das Grazer Künstlerhaus… hier ist aber kein streitbares Milieu, das sich äußern möchte.
Auf Facebook werden Kuschelkurse gefahren und wer im Initiativen-Milieu gegen gängige Ansichten argumentiert, kann schnell das Etikett „Vernaderer“ oder ähnliche Artigkeiten angeheftet bekommen.
Schluß mit den Begründungen, hier sind die Kommentarleisten geschlossen, es fehlt jeder Hinweis, daß da draußen eine streitbare Intelligenz sei, die den Arbeitsaufwand lohnt, solche Kommentarleisten von Spam freizuhalten…
— [Generaldokumentation] —