Seit Jahren steht im steirischen Kulturbetrieb ein kleiner, feiner Fragenkomplex im Raum, zu dem ich kaum Antworten höre. Im öffentlichen Diskurs muß er mit der Lupe gesucht werden. Ich könnte auch auf Anhieb keine Website nennen, die uns Auskunft gäbe, welche Ansichten dazu in der Steiermark gerade aktuell und präsent sind.
Dabei habe ich diese Fragen andauernd vor mir, selbst wenn ich nur den kleinsten Schritt im Bereich kulturpolitischer Debatten und Praxis gehen möchte. Sie waren in der abgelaufenen Projektphase von Kunst Ost stets präsent. Zwei davon sind vorrangig:
+) Soll Kunstproduktion aus öffentlichen Mitteln finanziert werden?
+) Falls ja, nach welchen Kriterien?
Ich bin selbstverständlich dafür, daß Kunstschaffen auch aus öffentlichen Mitteln finanziert wird und nicht bloß auf den Markt angewiesen ist. Da aber diese Mittel ebenso begrenzt sind wie das, was der österreichische Kunstmarkt hergibt, sind die Fragen nach Kriterien und Prioritäten unausweichlich.
Ich habe im Jahr 2009 das erste österreichische LEADER-Kulturprojekt realisiert und ein weiteres etablieren können, das nun mit dem 31. Dezember 2013 endet. Für den Zeitraum 2007 – 2013 sind 19 steirische LEADER-Regionen zu vermerken.
In diesem Gefüge bin ich mit dem Thema Gegenwartskunst nicht allein geblieben. Es folgten eine ganze Reihe weiterer LEADER-Kulturprojekte quer durch die Steiermark; siehe: [link]
Zu diesen Projekten gab es Richtlinien und einen Grundkonsens, daß die Vorhaben vorrangig dem Gedeihen der Gegenwartskunst gewidmet seien, einem Bodengewinn für dieses Genre, einem Zuwachs an Aufmerksamkeit und Wertschätzung.
Hätten sich tatsächluich alle LEADER-Kulturprojekte der expliziten Aufgabenstellung gewidmet und sich darüber hinaus wenigstens iim Mindestmaß vernetzt, die kulturpolitische Situation des Landes auf dem Lande hätte sich nachhaltig verändert.
Wäre weiters eine IG Kultur Steiermark auch mit diesen möglichen Prozessen in der Provinz befaßt gewesen, es hätte ein neues Verständnis des steirsichen Kultutrbetriebes heraufdämmern können.
Die erwähnte „Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen im Rahmen des Aktionsprogramm Achse 4 LEADER über kulturelle Förderungen im ländlichen Raum 2007 – 2013 durch die Europäische Union und vom Land Steiermark – Kultur“ kann hier nachgelesen werden: [Quelle]
Dabei war klar, was immer wieder angefochten wurde: Kunstproduktion darf aus den Mitteln dieses Programmes nicht bezahlt werden, das Erschaffen von Kunstwerken ist nicht Gegenstand des „Aktionsprogrammes Achse 4 LEADER“.
Kunstschaffende und andere Kreative der Region blieben also für die Schaffensarbeit weiterhin auf den etablierten Kunstmarkt angewiesen, auf Kommunen und andere Subventiuonsquellen, letztlich auf Eigenleistungen, was meint: Um mir meine künstlerische Praxis leisten zu können, muß ich Erwerbsarbeit eingehen, also über andere Tätigkeiten Geld verdienen, falls ich auf dem Kunstmarkt nicht reüssiert habe.
Auch dieses Teilthema ist unter uns eher tabulastig und wird nicht gerne debattiert.
Wir werden 2014 energischer zu erörtern haben, welche Geldquellen uns Kunstschaffenden unter welchen Bedingungen offen stehen sollten, wie also die Modi aussehen könnten, wenn das Wünschen etwas helfen würde.
Aus unserer bisherigen Projektpraxis fühle ich mich bestärkt, jeglichen Obskurantismus in diesen Fragen mit klaren Worten zu bedrängen, denn mir ist längst zu blöd, was einem selbst manche Profis auf dem Gebiet an Legendenbildung und Verschleierung zumuten.
Mir scheint derzeit auf jeden Fall klar, daß kollektive Kulturpraxis hohe Priorität hat und jegliches Gießkannenprinzip („Ein bißl was für möglichst viele Leute.“) mit anderen Konzepten beeinsprucht werden muß.
Damit meine ich, daß individuelle Finanzierung bzw. Kofinanzierung, also das Subventionieren einzelner Personen und ihrer Arbeit, gute Gründe braucht, wofür ich die Kriterien gerne kennen würde.
In der Provinz, wo kommunale und regionale Mittel sehr knapp sind, knapper denn je, werden wir mit kollektiver Kulturpraxis vermutlich bessere Bedingungen erreichen, innerhalb derer einzelne Kunstschaffende dann auch individuell neue Möglichkeiten finden.
Diese Vorstellung von kollektiver Kulturpraxis gründet sich auf höheres Engagement und mehr Eigenverantwortung einzelner Personen, die sich zu mittel- bis längerfristigen Kooperationen fähig zeigen. In diesem Modus scheint es leichter erreichbar zu sein, daß Kommunen in unsere Arbeit investieren.
Das Thema Wirtschaft muß in solchen Zusammenhängen überhaupt erst aktuelle erarbeitet werden, denn da ist die Legendenbildung und der Hang zu Privatmythologien noch weit größer als im Zusammenhang kommunaler kulturpolitischer Formationen. Kurz, wir haben in unserem Milieu überwiegend keine brauchbare Ahnung, was der Begriff „Wirtschaft“ real bezeichnet.
— [Generaldokumentation] —