Stückwerk. So ist diese Woche. Mein Auto steht in der Werkstatt, die Kälte der trüben Tage erscheint mir heimelig, nie finde ich vor Mitternacht Schlaf. Die Arbeitsräume in meiner Wohnung sind längst zu eng geworden. Was Arbeit ausmacht, belegt in tausend greifbaren Dingen fast allen verfügbaren Raum.
Ich hab eine einigermaßen radikale Projektphase zu reflektieren, in der ich Verrücktheiten und Niedertracht genauso hinnehmen mußte wie wunderbare Überraschungen zu erleben waren.
Eben war mein Tag von einer Konferenz mit Kulturwissenschafter Günther Marchner bestimmt. Sein Buch über unsere Arbeit, denn das soll es werden, wird den Übergang markieren, soll helfen, die abgelaufene Phasen angemessen zu deuten, um daraus eine passende Strategie für die nahe Zukunft zu entwickeln.
Wir ringen um die Bedingungen der Gegenwartskunst, um ein anregendes geistiges Klima in der Provinz, um Bodengewinn für die Wissensarbeit. Wir, das meint eine sich stets ändernde Community rund um Kunst Ost. (Ich werde nun diese Schreibweise mit Versalien am Wortbeginn übernehmen.)
Kunst Ost durchläuft eine Transformation von der soziokulturellen Drehscheibe zum konzentrierten Kulturlabor. Das ist ein Kernbereich. Um diesen Bereich bilden sich teils länger- und teils kurzfristig andere Gravitationsfelder. In Summe geht es aber um eine Kontinuität in der Arbeit, die nicht zentralisiert werden darf.
Also, Marchner in Gleisdorf, dafür Mirjana Peitler-Selakov gerade – beruflich bedingt – im holländischen Enschede, wohin sie momentan ihr anderer Tätigkeitsbereich gebracht hat. Sie ist „Senior MTS“ und „Quality Engineer“ bei maxim integrated., wo man mit „analog, linear, and mixed-signal devices“ befaßt ist, wobei ich gerade außerstande bin zu erläutern, was das bedeutet.
Naja, so viel wenigstens, MTS besagt: „Member of Technical Staff, the title for permanent research staff at some institutions and companies“.
Wo Heimo Müller, Chef-Maschinist im „Blogmobil“ [link], gerade steckt, weiß ich nicht. Dafür darf ich Künstler Selman Trtovac [link] in Beograd vermuten, wo er merklich daran arbeitete, für sich und sein derzeitiges Tun die Begrifflichkeit des Perpetuum mobile auszuloten; Stichwort „Nua Perpetuummobile“.
Warum ich das erzähle?
Das sind die Tage, in denen Entscheidungen fielen, wie wir im Bereich Gegenwartskunst die nächsten Jahren angehen möchten. Diese Prozeß führt über das Jahr 2014. Einerseits das erste Jahr im zweiten Jahrzehnt des Langzeitprojektes „The Long Distance Howl“ [link], in dem ich klar machen möchte, was mit „Art Under Net Conditions“ gemeint sein könnte, also Kunst unter Bedingungen der Vernetzung. Dabei ist mit Net/Netz nicht a priori das Internet gemeint, sondern eine kollektive Praxis.
Andrerseits wurde 2014 vom Land Steiermark als „Gedenkjahr 2014“ markiert. Wir haben an die Schüsse von Sarajevo zu denken, eigentlich aber an einen historischen Prozeß ab dem Berliner Kongress, in dem ein mehrstufiges und umfassendes Versagen österreichischer Eliten nicht bloß in den ersten und zweiten Weltkrieg führte, sondern in etwas sehr Komplexes, das die Geschichtswissenschaft auch als den „Zweiten Dreißigjährigen Krieg“ debattiert: 1914 bis 1944.
Beschäftigt man sich eine Weile etwas intensiver mit dieser Ära, vom Berliner Kongreß zur Gegenwart, zeigt sich sehr beunruhigend, in welch hohem Maß wir in unseren Bildern und Ansichten die ideologischen Konstrukte und Propagandaprodukte der tonangebende Kreise dieser Zeit leben und pflegen.
Die Kunst ist kein „Werkzeugkasten“, um das in einer Art „Reparatur-Mission“ zu bearbeiten. Aber die Befassung mit Kunst bildet und vertieft Kompetenzen, mit denen das bearbeitet werden kann.
Davon gehen wir aus; ein Kreis Kunst- und Kulturschaffender, die sich nun verständigt haben, aus dem vorjährigen Gleisdorfer Kunstsymposion („the track: axiom * südost“) in die nächste Arbeitsphase zu gehen.
Wir halten diesen Prozeß zugleich mit Agenda der eigenständigen Regionalentwicklung und der gemeinwesenorientierten Kulturarbeit verknüpft. Wir sind außerdem damit beschäftigt, aktuell zu klären, welche Rollen, Funktionen, Aufgaben für Kunstschaffende derzeit zur Debatte stehen können.
Das ist eine konstituierende Erklärung! („The Track: Axiom * 2014“ ist als Teilprojekt des hier beschriebenen Prozesses angelegt.)
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