Ich habe, wie Reaktionen zeigen, gerade etwas Befremden, auch Unmut ausgelöst, weil ich auf eine politisch motivierte Massensendung via Email, Wahlkampf-Spam, überaus grob reagieren wollte. Mußte.
Im längst alltäglichen und umfassenden Dauerbrummen von Werbebotschaften halten es andere offenbar selbst nicht für eine Grobheit, in dieses Dauerbrummen einzustimmen.
Wie merkwürdig, daß sich Menschen bedenkenlos in meine Schreibstube drängen, mutmaßend, ich sei ihr… na was wohl? Gesinnungsgenosse? Bruder im Geiste? Verbündeter?
Das bin ich nicht, was immer jemand vermuten möchte. Ich stehe zu jenen, mit denen ich mich im Einverständnis befinde. Ich habe klare Vorstellungen von Ethos und von Loyalität. Ich habe Kriterien, nach denen ich mir diese Eigenschaften leiste.
Darauf kann sich niemand unüberprüft berufen oder gar voraussetzen, daß wir uns einig seien. Einig sind wir, wenn wir uns verständigt und geeinigt haben. Sonst nicht.
Spam ist immer eine Massensendung, die bloß persönliche Anrede heuchelt. Spam ist nicht persönlich. Ich will von keinen Wirtschaftsleuten gespammt werden. Ich will nicht, daß sich Kunstschaffende mir via Spam aufdrängen. Ich will schon gar nicht im politischen Kontext gespammt werden.
Wer mir etwas zu sagen hat, muß sich zuerst persönlich an mich wenden. Alles andere, diese erregte Wichtigkeit, die sich jemand selbst verleiht, oft auch dieser ermüdende Alarmismus, der mich über alle Mißstände der Welt in Kenntnis setzen will, ist mir zuwider.
Besonders provokant empfinde ich derlei Schritte, wenn jemand dabei auf künstlerische Mittel verweist, um seine Botschaft zu bekräftigen, sein Sendungsbewußtsein aufzuwerten; wie im gegebenen Fall die Hervorhebung zweier „Kabarettisten“.
Oft kommt mir das von Leuten daher, denen sonst die Kunst und ihre Bedingungen reichlich wurscht sind, die ich auch noch nie angetroffen habe, wenn es darum ging, in unserem Lebensraum ein geistiges Klima von Belang zu verteidigen, zu sichern, vielleicht sogar etwas zu erweitern.
Nein, da sehe ich viele, die sich neuerdings über Email und Social Media als Boten, Herolde, Ausposauner hervortun, nicht.
Schließlich aber reißen mir Hemmfäden, wenn mir dabei noch dazu Flachware angedient wird, wie das nun schon seit vielen Wochen mit dem Träller-Duo „Christoph & Lollo“ geschieht. Ich weiß nicht, was meine Leute meinen, womit diese zwei Burschen gerüstet seien, FÜR mich, uns, sonst wen zu sprechen. Und lustig find ich die auch nicht.
Um es anders auszudrücken: Für solches Kleingeld lache ich nicht.
Ich habe Kabarett ursprünglich als ein geistreiches Fach kennengelernt, in dem Reflexionsvermögen, Sprachgewandtheit, Musikalität und schauspielerisches Vermögen sich bündeln, um die Definitionshoheit einiger mächtiger Lobbies anzufechten, um dem Boulevard anderen Boden gegenüber zu stellen.
Das erfuhr ich anfangs nur Bruchstückhaft über Kreisler, Bronner und Wehle durch Qualtinger & Co., das führte später über Lukas Resetarits und seine Generation schließlich in meiner Generation, in der ich Denker und Akteure wie Josef Hader schätze. Doch ich schätze nicht die Klamauk-Liga, die Grimassierenden, ich interessiere mich schon gar nicht für „Comedians“, die ihr Tun für Kabarett halten.
Schmähführer, Pointenschupfer, Halblustige, die das Schenkelklopfen so gerne haben wie den Applaus, sind mir kein Vergnügen.
Daran mag man ermessen, wie unsäglich mir derzeit jene unter meinen Leuten auf die Nerven gehen, die mit Ausdauer „Christoph & Lollo“ promoten, herausstellen, sie als relevante Beiträger zu nötigen Debatten rund um den aktuellen Wahlkampf hervorheben.
Dieses seicht getextete Geträller, das mir jeden Esprit vorenthält, das nichts erhellt und nichts mit Eleganz ironisch bricht, sondern hauptsächlich jene Wanderklischees reproduziert und bündelt, die mir ohnehin zu unseren Parteien mehr als geläufig sind, will ich ja niemandem individuell schlechtreden. Wer eine Kompilation von abschätzigen Leserbriefzitaten schon für Kabarett hält… geschenkt!
Aber wenn DAS Ausdruck einer kritischen Teilöffentlichkeit ist, die den Polemiken des Boulevards und der Parteien entgegenzutreten wünscht, dann packt mich das blanke Entsetzen über den offensichtlichen Geisteszustand meines Milieus.
Denn SO billig sollte es kein Lager geben.
Nun soll sich erheitern und erhöhen womit auch immer jemand will. Aber mich mit schlampiger Befindlichkeitsprosa und politischem Hoppsassa zu spammen, das macht mich wütend.
Es macht mich wütend, weil ich diese intellektuelle Bescheidenheit, die offenbar längst salonfähig ist, unerträglich finde. Dabei hat Österreich in Kabarett, Literatur und auch sonst wo genug helle Köpfe, an denen man seine eigenen Vorstellungen überprüfen könnte, die man auch zitieren könnte, falls einem gerade nach zitieren ist.
Ich werde hier keine diesbezüglichen Empfehlungen aussprechen. Man möge auf die Suche gehen. Es ist nicht schwer, fündig zu werden.
Und man rechne weiter mit eher groben Reaktionen von mir, wenn mich jemand mit Weisheit für fünf Cent zu erquicken gedenkt.
Eine Antwort auf Wenn ich grob werde…