Die Kooperation avancierter Kulturinitiativen ist hierzulande keine selbstverständliche Sache. Man könnte sagen, wir seien es nicht gewöhnt, es habe eben keine Tradition. Doch gelegentlich raffen sich Formationen dazu auf. Mit Kunst Markt Hartmannsdorf bewährt sich das schon eine Weile. Michaela Knittelfelder-Lang ist beispielsweise, als verbindende Schlüsselperson, seit Jahren auch eine zentrale Akteurin von kunst ost.
Zu den profiliertesten Kunstpartien der Oststeiermark gehört K.U.L.M., wo nicht traditionell urbanisiert wird, also bürgerliche Repräsentationskultur aus den Zentren nachgeahmt. Bei den Pischelsdorfern geht es seit jeher um Gegenwartskunst, um Diskurs und um relevante Themen; auch jene der Region.
Die jüngste Partie in unserem Umfeld, aus solchem Holz geschnitzt, ist KOMM.ST. Die Angerer Leute setzen strikt auf Gegenwartskunst, Diskurs und hohes Niveau.
Man muß daran verstehen, daß solches Engagement nicht GEGEN andere Arten des Kulturgeschehens gerichtet sind, sondern FÜR neue Positionen steht. Wer sich für Kammermusik, Operette oder populäre Comedians ins Zeug schmeißt, sichert auch Terrain für die Kultur und macht dem Boulevard mit seinen Flachheiten Publikum streitig. Da zählt jede Initiative, um für mehr Komplexität, Reflexion und Raffinesse Boden zu sichern.
Aber wir sehen uns der Gegenwartskunst verpflichtet. Das ist kein Unterhaltungsgeschäft, kein Vergnügungspark, kein soziales Reparatur-Set. Wir treten mit künstlerischen Mitteln und Strategien an, mit Diskurs und nötigenfalls Widerspruch, um bestimmte Vorstellungen eines geistigen Klimas in unserem Lebensraum zu verfolgen.
Dabei geht es, pardon!, nicht primär darum, daß man sich selbst endlich jemanden mit all seinen Emotionen mitteilen darf und daß die Ungehörten doch noch, etwa dank bunter Aquarelle, von irgendjemandem wahrgenommen werden. Wir stehen im Kielwasser so irritierender Kräfte wie Duchamp und Beuys. Wir bewegen uns im Nachbeben so gravierender Geister wie Buckminster Fuller, der uns folgende Überlegung mit auf den Weg gegeben hat: Je avancierter die Kunst, desto näher kommt sie der Wissenschaft. Je avancierter die Wissenschaft, desto näher steht sie der Kunst.
Kürzlich trafen wir uns zu einem weiteren Arbeitsgespräch: LEADER-Manager Wolfgang Berger, das K.U.L.M.-Duo Reserl und Richard Frankenberger und KOMM.ST-Exponent Georg Gratzer. Wir hatten nicht nur deren heurige Schwerpunkte zu reflektieren, das Festival „KOMM.ST 1.3“ und „Ten Days Ten Artists“. Wir hatten auch über die nahe Zukunft zu sprechen.
Es geht ja sehr wesentlich darum, daß wir Kontinuität halten können. Kontinuität in der Präsenz, den Aktivitäten und dem Niveau in Diskurs und Gegenwartskunst. Es geht darum, in welchen Modellen wir das umsetzen, mit welchen Mitteln wir das finanzieren.
In unseren „Balkan-Sessions“ habe ich kürzlich solche Zusammenhänge mit Künstler Selman Trtovac debattiert, der Erfahrungen mit uns teilt, wo er als Exponent des Kollektivs Treci Beograd auf vergleichbare Fragestellungen stößt. Trtovac ist ein Schüler von Klaus Rinke, was eine Naheverhältnis zu den Konsequenzen von Beuys konstituiert.
Wir sind uns einig, daß die Beuys’schen Prämissen heute historische Kategorien darstellen und wir gefordert bleiben, zeitgemäße Deutungen zu finden, um daraus eine angemessene Praxis abzuleiten.
Das ist übrigens auch eine der Aufgabenstellungen beim kommenden Gleisdorfer Kunstsymposion. Nämlich einige Klarheiten in Theorie und Praxis zu finden, was Kunstschaffende heute der Gesellschaft sein wollen und wie sie das einzulösen gedenken.
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