Die Session läßt sich einfach auf den Punkt bringen. Kunstschaffende müssen investieren können, um auf dem Kunstmarkt zu reüssieren. Das sagt Galerist Eugen Lendl aus seiner langjährigen Erfahrung. Davon erzählen Milica Milicevic und Milan Bosnic aus ihrer Praxis.
Jede andere Deutung muß als Illusion ausgewiesen werden. Daß sich quasi von selbst durchsetze was „gut“ sei, ist bloß Gerede. Der Traum entdeckt zu werden ist genau das, ein Traum. Wir haben ganz unsentimental über eine Profession zu reden.
Da beginnen die Traumtänzereien schon zeitig. Milicevic erzählt, daß ihr Weg in die Kunst am Anfang davon begleitet war, daß sich in ihrer Familie niemand vorstellen konnte, Künstlerin zu sein sei ein Beruf.
Unsere Gegenwart ist ganz offensichtlich nicht gerade davon geprägt, daß wir uns bemüht hätten, wenigstens in dieser Frage etwas voranzubringen. Die Frage nach Berufsbildern Kunstschaffender erscheint weitgehend unbearbeitet. Unsere Mitmenschen haben mehrheitlich überhaupt keine Vorstellung, was das sein soll, eine Künstlerin, ein Künstler als Profssionals.
Bosnic skizziert dieses permanente Wechselspiel zwischen Netzwerkarbeit (Kontakte knüpfen), Öffentlichkeitsarbeit, der Akquisition von Aufträgen und Ausstellungen, was alles ja darauf begründet ist, daß auch die künstlerische Arbeit gemacht werden muß, damit relevante Werke verfügbar sind.
Das ist keine „Wohlfühl-Story“, in der man auf Inspiration wartet, um sich dann seinen Musen hinzugeben und etwas Bedeutendes schafft. Derlei romantische Entwürfe haben mit dem Künstler-Leben nichts zu tun.
Das Duo diSTRUKTURA muß klug disponieren. Da gibt es Abschnitte, wo etwa zwei Monate hart an Bildern gearbeitet wird. Andere Abschnitte sind den Fahrten und kommenden Ausstellungen gewidmet.
Kunstmessen sind wichtige Kontakstellen. Wenn zum Beispiel Lendl einen nächsten Messeauftritt plant und diSTRUKTURA dafür ein spezielles Werk erarbeiten, kann das zu einer sinnvollen wie vielversprechenden Station werden.
Milicevic bestätigt am Beispiel „Vienna Fair“: „Das war für uns eine wichtige Möglichkeit, um Sammler kennenzulernen.“ Lendl bringt es unmißverständlich auf den Punkt: „Die Kollektion ist das andere Ende des Werkes.“
Heute sei es so, daß sich beide Teile, Kunstschaffende UND Galerist, um die Sammler und deren Interessen kümmern müssen. Sichtbarkeit. Interessante Akzente. Gute Ausstellungen. Kataloge, die etwas taugen. Das sind wichtige Teile des Geschens. „Das bringt Punkte“, sagt Lendl.
Er stellt außer Frage, daß auch Publikum wichtig ist. Eine gut gemachte Ausstellung, wo die Qualität stimme, so daß er selbst eine Freude daran haben könne, und worauf er auch stolz sein möchte, daß ein wichtiger Beitrag zum kulturellen Klima gelungen sei, das ereigne sich eben im Dialog mit dem Publikum.
Ich sehe daher mehr als bestätigt, was inzwischen zu einem zentralen Fundament von „kunst ost“ gehört: Selbst Verantwortung übernehmen.
Diesen Aspekt ergänzt Ivan Redi von „ortlos architects“ um einen bemerkenswerten Aspekt. Es gehe darum, Risiko zu tragen. Das sei teils unternehmerisches Risiko, das sei aber auch inhaltuches Risiko, indem man etwa Ideen verfolgt, mit denen man unter Umständen längere Zeit alleine bleibt.
Wir reden da nicht von einem schnoddrigen „No Risk No Fun“, um sich in riskanten Freizeitvergnügungen einen Kick zu holen. Es geht, wie erwähnt, um unternehmerisches und geistiges Risiko, es geht darum, vertraute Terrains auch zu verlassen, Grenzen des eigenen Denkens und Tuns zu überschreiten.
Das hat viel mit Erfahrung zu tun. Also reden wir auch von ZEIT. Und darin sind wir uns in der Runde weitgehend einig. Zeit ist ein enorm wichtiger Faktor. Auch im Sinne von Arbeitszeit, die aufgebracht werden muß. Professionalität kommt sehr wesentlich von Arbeitszeit.
Wir verfügen über keinerlei Hinweise, daß sich eine Profession aus Tagträumen ableiten ließe. Wer auf die Trübe Kategorie „Genie“ vertrauen möchte, wird enorm viel davon vorweisen müssen, um nicht zu verhungern. So einfach ist das…
— [The Styrian Sessions] —