Im zehnten Jahr: the long distance howl

Vor zehn Jahren haben die Vorbereitungen für das Langzeitprojekt „the long distance howl“ begonnen. Dieses Vorhaben als Beispiel einer „Kunst unter Bedingungen der Vernetzung“ entfaltete sich als komplexes Ereignisfeld wie ein ausuferndes Theaterstück, das sich auf mehreren Bühnen manifestiert; teilweise zeitgleich, meist in zeitlichen Abfolgen.

Aus dem ursprünglichen Trägersystem von „the long distance howl“, dem „kultur.at: verein für medienkultur“, ging das überhaupt erste steirische LEADER-Kulturprojekt hervor: „kunst ost“. („Energieregioin Weiz-Gleisdorf“)

Es wurde inzwischen eine eigenständige Formation, die als Kooperationspartnerin von „kultur.at“ fungiert. „Südost“ ist in der Basis eine Kooperation dieser beiden Projektträger.

Das Langzeitprojekt „the long distance howl“ hat verschiedene räumliche Bezugssysteme. Die „zentrale Bühne“ ist identisch mit dem Raum Gleisdorf und hat regionale Ausläufer. Von diesem Netzwerk ausgehend, einem kulturellen Möglichkeitsraum, in dem „the long distance howl“ heute etabliert ist, entstanden zwischen 2003 und 2013 Ausläufer zu Bezugspunkten quer durch Europa und sporadisch auch auf andere Kontinente.

In einer Mischung aus Prozessen und Artefakten, aus Situationen und Eingriffen in Bestehendes, hat „the long distance howl“ im Kern vor allem eines bewirkt: Das kulturelle Klima und die kulturpolitische Situation veränderte sich im zentralen Wirkungsbereich des Projektes maßgeblich, was sich über Vergleiche mit benachbarten Regionen verifizieren läßt.

Auf kulturpolitischer Ebene mündete das Projekt in den „Kulturpakt Gleisdorf“. Hier wird auf der Höhe der Zeit erprobt, wie Staat, Markt und Zivilgesellschaft kooperieren können; also Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Privatpersonen bzw. private Vereine, wobei das „Bottom up-Prinzip“ als zentrale Grundlage gelten muß.

Auf lokaler und regionaler Ebene der Kunst- und Kulturschaffenden mündete das Projekt in ein Netzwerk eigenständiger Ortsformationen, die von je einer Schlüsselperson repräsentiert und geleitet werden, um so mehrjährig eine kontinuierliche Arbeitssituation zu erreichen, zu sichern.

Dabei war es unumänglich, angemessene Strategien zu entwickeln, die uns auch jene Krise überstehen ließen, wie sie im Kielwasser weltweiter Problemlagen von 2008/2009 schließlich Ende 2010 mit voller Härte im regionalen Gefüge des Kulturgeschehens durchgeschlagen hatten.

All das hat drei weitere Bereiche, die das Gesamtgefüge von „the long distance howl“ komplett machen. Das Gravitationsfeld dieses kompletten Ereignisstranges liegt in der individuellen künstlerischen Praxis von Martin Krusche. Er hat „the long distance howl“, ausgehend von seinen künstlerischen Detailvorhaben, in „Bücher“ und „Kapitel“ gegliedert.

So folgte das „Buch“ mit dem Titel „the track“ inzwischen dem „Buch“ mit dem Titel „next code“. Das aktuelle „Kapitel“ von „the track“ trägt den Titel „axiom“.

Dieser innere Bereich individueller Kunstpraxis verzweigt sich auf eine Reflexionsebene, wo das Gesamtgeschehen im Kontext mit Fragen der „Eigenständigen Regionalentwicklung“ und der „Gemeinwesenorientierten Kulturarbeit“ betrachtet, überprüft wird. Dabei spielt der Dialog mit dem Kulturwissenschafter Günther Marchner eine maßgebliche Rolle.

Zu Krusches Kunstpraxis und der Reflexionsarbeit mit Marchner kommt das Arbeitsfeld des „Kuratoriums für triviale Mythen“. Hier geht es um die Zusammenhänge einer Massenkultur, wie sie vor allem seit den 1930er-Jahren entwickelt und etabliert wurde, wie wir sie, in ihren Konsequenzen quer durch den historischen Faschismus, heute leben.

Vor allem in diesen Querverbindungen des Projektes wird der inzwischen langjährigen Abwertung von Wissensarbeit aktiv widersprochen, wird dem zunehmenden Wissens- und Kompetenzverlust in der Region ein kulturelles Praxismodell entgegengestellt.

Mit „the track: axiom“ / „südost“ setzt Krusche einen Akzent zum Ausklang des ersten Jahrzehnts der Arbeit an „the long distance howl“. Der Bezug auf das bedeutende historische Datum 1914 handelt vom Anspruch, in den aktuellen Prozessen einer Neuordnung Europas auch eine individuelle Stimme zu erheben und in Dialogen wie Arbeitsschritten mit Kunst- und Kulturschaffenden an diesen Prozessen teilzunehmen.

— [the long distance howl] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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