Wir haben bei „kunst ost“ nun ein Bündel von Themen und Fragestellungen verdichtet, die zu einer längerfristige Serie von Projektschritten und Veranstaltungen führen. Das Zeitfenster unseres Interesses läßt sich — grob betrachtet — zwischen zwei Ereignissen darstellen. Es reicht vom Berliner Kongress (1878) zum Fall von Srebrenica (1995).
Wir Kunst- und Kulturschaffenden betrachten diesen Zeitraum, in dem sich Europa mehrmals radikal umgestaltet hat, auch aus der Erfahrung, daß sich Kriegsmotive und Gewalttätigkeit inzwischen teilweise auf die Felder der Wirtschaft verlagert haben, wo etwa die weltweiten Krisenvorfälle von 2008/2009 Werte des Gemeinwesens zerstört und Minoritäten reich gemacht haben.
Die sehr weit reichende „Virtualisierung“ von Teilen der Welt und menschlicher Gemeinschaft, also die Abtrennung von allerhand menschlichen Belangen aus den analogen, greifbaren Bereichen, indem sie an EDV-Systeme und Simulationswelten übergeben werden, haben Formen der Beschleunigung eingeführt, welche wir davor nicht kannten.
Dennoch baut all das wesentlich auf Erfahrungen aus dem 20. Jahrhundert auf, da Massenmedien und Massenkultur auf damals revolutionärem technischen Niveau formiert wurden. Im Zentrum vieler Inszenierungen ist das Ideal des „Soldatischen Mannes“ erhalten geblieben, Bilder des historischen Faschismus, Heldenfiguren und „Lichtgestalten“, die zu einer Massenmotorisierung führten, deren Intentionen kein Geheimnis blieben.
Auf verblüffende Art ließen sich grundlegende Motive aus der amerikanischen Alltagskultur mit jenen aus dem nazistisch traumatisierten Europa verbinden. Über den „Generalfetisch Automobil“ erwiesen sich ideologische und gestalterische Aspekte als globalisierbar.
Geschwindigkeitskult und die Ästhetisierung von Gewalt sind eine Seite von Prozessen, deren andere Seiten uns (in etlichen wohlhabenden Ländern) zu individueller Freiheit und persönlicher Mobilität geführt haben. Triviale Mythen, Massenkultur und Gegenwartskunst erzählen uns von diesen Zusammenhängen.
Darin liegen Gründe, warum das Symposion „Südost“ in die „Fünfer-Nacht“ weiterführt und wir von da aus in eine Serie von Arbeitssituationen gehen, die mit „Wissen schafft Region“ überschrieben sind.
In der Betrachtung des „radikalen Jahrhunderts“, das eben hinter uns liegt, finden wir Orientierungen für die nächsten Jahre. Mit diskursiven Mittel, mit jenen der Kunst und mit Verfahrensweisen der Populärkultur.
— [wissen schafft region] —
+) Das zweite Halbjahr 2013: [link]
+) Das Symposion „Südost“: [link]
+) Die „Fünfer-Nacht“: [link]