Unsere Diskursreihe hat mit Kunstsammler Erich Wolf begonnen. Das Thema des Abends: „Warum Kunst?“ Wir sind damit bewußt in den großen Sitzungssaal der Gemeinde Gleisdorf gegangen, wo sonst der Gemeinderat tagt. Der Grund dafür: Es war als symbolischer Akt gedacht.
Das wurde seitens der Kommune so entgegengenommen und gewürdigt. Mit Kulturreferent Alois Reisenhofer und Kulturausschuß-Mitglied Karl Bauer war die Politik im Boot. Mit City-Manager Gerwald Hierzi war die Verwaltungsebene präsent, auf der Hierzi auch eine Schnittstelle zur lokalen Wirtschaft besetzt.
Erich Wolf ist als erfahrener Unternehmer, konkret als Unternehmens- und Steuerberater, mit diesem Genre vorzüglich vertraut. Kunst- und Kulturschaffende saßen rund um den großen Konferenztisch.
So gingen also die drei Sektoren Staat, Markt und Zivilgesellschaft in die Debatte miteinander: Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Kunst- und Kulturschaffende. Es war völlig unverkennbar, daß hier drei völlig verschiedene Systeme einander berühren, die auch in sich von vielfältigen, unterschiedlichen Positionen geprägt sind.
An diesem Abend wurde deutlich wie selten, daß eine günstige Entwicklung kulturpolitischer Rahmenbedingungen und budgetärer Lagen nur gelingen kann, wenn Verständigung, wenn Kommunikation unter diesen kontrastreichen Sektoren gelingt.
Das ist in der Stadt Gleisdorf schon ein gutes Stück weit gediehen, so daß in einer Reihe grundsätzlicher Fragen ein auffallend hohes Maß an Konsens festgestellt werden konnte. Das allein ist keinesfalls gering zu schätzen, aber es genügt natürlich nicht.
Wo noch einige Arbeit vor uns liegt, geht es nun um zu erzielende Übereinkünfte bezüglich der Zielsetzungen und der nächsten konkreten Schritte. Dabei haben wir an diesem Abend klar ZWEI Themen- und Arbeitsschwerpunkte festgemacht.
Der eine Bereich ist die Orientierung der Region als Kulturregion, die im Kontext steirischer Gegenwartskunst eine exponierte Position einnimmt und damit überregionale Wirkung erzielt.
Der andere Bereich liegt in der komplementären Gestaltung der regionalen künstlerischen Basis, die dem gegenüber nicht nachrangig aufgestellt ist, sondern – klar mit anderen Agenda versehen – entsprechend selbstbewußt und eigenverantwortlich agiert. Das im Dialog und in Kommunikation mit Funktionstragenden dieser Region; womit nun auch das skizziert wäre, worauf der „Kulturpakt Gleisdorf“ [link] im Kern zielt.
Um einen zentralen Punkt herauszustreichen: Die Kunst ist kein Mittel „um zu“. Die Kunst ist keine soziale Reparaturwerkstatt und auch keine Tourismus-Abteilung. Aber die Befassung mit Kunst schafft Qualitäten, welche für kommunale, regionale, auch touristische Aufgaben genutzt werden können.
Das heißt AUCH: Wir Kunstschaffende sind nicht da, um als „Publikumsmagneten“ zu funktionieren, sondern um ein geistiges Klima zu sichern, eine kulturelle Kompetenzlage zu gewährleisten.
Ausgangspunkt des Abends war die stets wiederkehrende Behauptung leichtsinniger Leute: „Kein Mensch braucht Kunst“. Es ist durchaus wichtig, diesen polemischen Mumpitz stichhaltig widersprechen zu können.
Doch jenseits davon muß recht zügig klar werden, was diese Gegenposition zum Boulevard-Geplänkel konkret bedeutet und wie sich angemessene Praxis erreichen läßt, wenn der Kostendruck so erheblich gewachsen ist. Damit sind wir nun ein erhebliches Stück weiter.
— [april-festival] [weg mit der kunst!] —