Nun sind schon einige Generationen aufgewachsen, die von einem urbanen Leben geprägt wurden; selbst auf dem Lande. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte in den meisten Ecken der Oststeiermark jene bittere Armut abgeschüttelt werden, die dem Großteil der Menschen anhaftete.
Woran sich alte Menschen heute noch erinneren: Der Mangel war immer da, der Hunger oft. Das ist zum Glück Vergangenheit. In all dem sich ausbreitenden Wohlstand hat sich eine Massenkultur durchgesetzt, die rücksichtslos verwischt, was denn das sei: Brauchtum. Volkskultur.
Was heute Teile des Bildungsbürgertums von all dem bewahren möchten, ist auf jeden Fall nicht mehr die Kultur der „einfachen Leute“, mit der sie sich ihre Leben zum Ende des jeweiligen Arbeitstages ausstatten.
In unserer Identität ist all das freilich noch als Nachhall vorhanden, was unsere Leute über hundert Generationen ausgemacht hat. Mentalitätsgeschichte erweist sich als zäher Zustand. Da werden unsere Eigenheiten nicht gleich ganz andere, bloß weil sich ein paar Jahrzehnte gutes Leben ausgegangen sind.
Michaela Knittelfelder-Lang ist eine Malerin aus der Region. Ihr Lebensraum war stets ländlich geprägt, doch ihr Geist ist offenbar ein sehr urbaner. Als Künstlerin erlaubt sie sich stets das Ausloten weiter Horizonte. Doch mit den Erfahrungen daraus geht sie auch den lokalen Motiven nach; wie das etwa zahlreiche ihrer fliegenden, tanzenden, tobenden, auch ruhenden „Dirndln“ belegen.
Das ist gleichermaßen ein Erkunden von Brauchtumselementen, Symbolen des ländlichen Lebens, aber auch das Durchleuchten von Frauenleben auf dem Lande.
Wohin kann es einen führen, wenn man wach bleibt, die Augen offen hält und sich vom Brei der Angebote aus Massenmedien nicht schlucken läßt? Das erfährt man sehr gut, wenn man den verschiedenen Themen von Knittelfelder-Lang eine Weile folgt.
— [April-Festival 2013] —