Wir pflegen bei kunst ost schon geraume Zeit einen Themenschwerpunkt unter dem Titel „Zwischen agrarischer Welt und High Tech“. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Die Oststeiermark, ein einstiges „Armenhaus Österreichs“, bietet heute einen vorzüglichen Lebensstandard. In Teilbereichen, etwa zwischen Gleisdorf und Weiz, herrscht „Vollbeschäftigung“. Viele ansässige Betriebe würden mehr Fachkräfte brauchen als sie bekommen können.
Die Industrie ist ein wichtiger Garant solcher Zusammenhänge, aber die agrarischen Wirtschaftsbereiche der Region haben auch erhebliches Gewicht und tragen viel zu diesem Lebensstandard bei. Industrie, das führt natürlich auch zu Kontroversen, weil industrielle Anlagen in Lebensräumen Reibung garantieren.
Auch die industrielle Landwirtschaft hat das Zeug dazu, ebenso Sonderkulturen wie Obstbau, in der Oststeiermark recht verbreitet; oder Monokulturen wie beispielsweise große Maisfelder im Raabtal. Hinzu kommt eine mentalitätsgeschichtliche Komponente, die das regionale Leben prägt.
Wenn die meisten Leute hier über hundert Generationen Kleinhäusler, Keuschler und vor allem Dienstboten waren, wurde ihr Leben vom Mangel geprägt. Diese Zusammenhänge waren bis zum Zweiten Weltkrieg vorrangig.
Das halbe Jahrhundert danach war keinesfalls genug Zeit und Anlaß, hier völlig neue Denkweisen und soziale Wahrnehmungen zu etablieren. Zugleich erlebe ich die Region als einen Lebensraum, in dem ich eine hohe Dichte an inspirierten und unternehmungslustigen Menschen finden kann. Das ergibt für mich eine sehr interessante Mischung.
Das Schicksal ist ein launiger Kasperl. Es theatert mich immer wieder in Situationen, die mir sehr spezielle Einblicke in die „Gedärme“ der Region geben, die mir das Innenleben dieser kontrastreichen Gesellschaft stellenweise offenbaren.
Der spektakulärste Themenbrocken war dabei sicher die „Affäre Herberstein“, zu der ich über mehrere Monate die Kopien von Akten und Geschäftsunterlagen, von Korrespondenzen und geheimen Aufzeichnungen einsehen durfte. Siehe dazu: „tricksen, täuschen und betrügen“: [link]
Ich bin bis heute nicht aus dem Staunen heraußen, was ich dabei erfahren und lernen konnte. Nun ist es eine wachsende Unruhe im Thermenort Bad Blumau, der mir Unterlagen in die Hände geworfen hat, deren Lektüre ich sehr aufschlußreich finde.
Was daran das Zeug zum Skandal hätte, interessiert mich am allerwengisten. Aber bei meiner Vernarrtheit in Sozialgeschichte sind solche Ereignisse enorm aufschlußreich, wenn man sich fragt, wie denn diese Region aus der Ärmlichkeit ihrer agrarischen Vergangenheit aufgetaucht ist in eben dieses Spannungsfeld „Zwischen agrarischer Welt und High Tech“.
Welche politischen Prozesse, welche Kommunikationsverläufe, welche wirtschaftlichen Strategien haben dazu geführt? Wie verhält sich die Zivilgesellschaft zur Welt der Funktionstragenden und Professionals? Was ergibt sich aus all dem in den derzeitigen Veränderungsschüben der Steiermark?
Allerhand triftige Gründe, in die „Eingeweide der Region“ blicken zu wollen; und zu erzählen, was dabei zu erfahren war. (Weitere Beiträge dazu via „Übersicht“!)
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