Wie sollen oder können Kooperationsverhältnisse zwischen Zentrum und Provinz angeordnet sein, um beiden Seiten zu nützen? Welche gemeinsamen geschäftlichen Grundlagen sind denkbar, wenn private Initiative, öffentliche Hand und Wirtschaft zu Übereinkünften finden sollen? Und wozu all das?
Ich hab in einem früheren Eintrag jenes Motiv herausgestellt, mit dem wir einen gemeinsamen Nenner für sehr verschiedene Instanzen dieser Gesellschaft haben dürften:
„Dieser Region ein Bild ihrer selbst zu geben“ [link]
Dieses Motiv ist bewußt gegen die Verwertungslogik diverser Agenturen gestellt, deren Public Relations-Maßnahmen nicht gerade zu stichhaltigen Beschreibungen der Region und ihrer Menschen führen. Hinzu kommt noch eine andere Belastung.
Viele Kulturschaffende meiden außerdem gerne Debatten über die Tatsache, daß sich ein gesamtes steirisches Kulturbudget zwischen Graz und dem ganzen Rest der Steiermark im Verhältnis 74,4% für Graz und 25,6% für die übrige Steiermark verteilt. Es wird in der Sache bestenfalls noch auf Grazer Seite angeführt, daß dort größere Kultureinrichtungen ansässig seien, die den Hauptanteil des Kulturbudgets abschöpfen würden, weshalb es kleineren Einheiten genau so ginge wie jenen auf dem Lande.
Das ist ein Scheinargument in einer Scheindebatte, weil über diese Argumentation ein kritische Diskurs unterschlagen wird, welche Entwicklungen auf dem Lande sinnvoll und wünschenswert wären, da dort nicht jene bürgerlichen Traditionen und historisch gewachsenen Strukturen bestehen wie im Landeszentrum.
Wenn also auch real kleine Kulturinitiativen in Graz den gleichen Budgetkampf führen müssen wie in der Provinz, so sind die Rahmenbedingungen für das Leben und Arbeiten doch grundverschieden.
Das bedeutet AUCH, ein geistiges Klima und allfällige Entwicklunspotentiale sind extrem ungleich verteilt, weil mit anderen Ressourcen und Prozessen unterfüttert. Wie erwähnt, drei Viertel zu ein Viertel Budget für Graz, da muß eigentlich längst einmal über a) Verteilungsgerechtigkeit und b) nötige Maßnahmen wie nötige Investitionen gesprochen werden. Das geschieht aber nicht.
Es ist übrigens auch nicht unter den Agenda einer IG Kultur Steiermark zu finden. Dabei nennt sogar das Steiermärkische Kultur- und Kunstförderungsgesetz 2005 schon im §1 unter „Ziele und Aufgaben der Kultur- und Kunstförderung“ unter anderem: „…die schöpferische Selbstentfaltung jedes Menschen durch aktive kulturelle Kreativität und die Teilhabe jedes Menschen am kulturellen und künstlerischen Prozess in jeder Region des Landes;…“
Aber was heißt das für die Praxis? Eben! Da kommen wir ins Grübeln. Noch dazu, wo öffentliche Gelder fehlen und Kulturbudgets quer durchs Land zusammengestutzt wurden, obwohl das gesamte steirische Kulturbudget nicht einmal zwei Prozent des Landesbudgets ausmacht.
Ich habe keinen Zweifel, daß sich viele Kulturschaffende ein spezielles inhaltliches Problem leisten. Ein großer Teil dieses Milieus weiß zwar Ansprüche auf Budgets zu äußern, bleibt aber mit den Begründungen dafür im vorigen Jahrhundert.
Das wird vertieft durch erhebliche Mängel an Kommunikation und noch gravierenderen Mängeln an Kooperation innerhalb des Milieus. Derlei könnte nämlich dazu führen, daß spärlicherer Ressourcen mehr ausgeben, mehr Nutzen erbringen als davor.
Ich habe keinen Zweifel daran, daß es heute zu neuen Themenstellungen in neuen Kooperationen kommen muß, wenn
a) die öffentliche Hand gute Gründe braucht, Kulturbudgets wieder aufzustocken und wenn
b) Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsame Aufgaben finden sollen, um etwa auch
c) abseits des Landeszentrums, in der Provinz, Boden zu gewinnen und da einem geistigen Klima Stabilität zu geben, das der wachsenden Stagnation und den zunehmenden Kompetenzverlusten entgegenwirkt.
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