Das Projekt „kunst ost“ ist in der „Energieregion Weiz-Gleisdorf“ verankert; als ein LEADER-Projekt, demnach im Rahmen eines Förderprogrammes der EU formiert. Das weist auf eine anspruchsvolle Themenstellung hin.
Der regionale Verband mit Sitz in Weiz berichtet aktuell:
>>So können wir bereits 30 LEADER-Projekte vorweisen, die in der Region seit 2007 umgesetzt wurden. In absoluten Zahlen heißt das € 8.319.450,00 Projektvolumen und € 3.470.294,00 Förderung. Hier nicht inkludiert sind rund 1,5 Millionen Euro, welche über das Projekt „iEnergy 2.0“ umgesetzt werden.<< [Quelle]
Für den Kulturbereich und Kunstschaffende bringt das natürlich nur dann etwas, wenn wir an der Basis
a) angemessene Konzeptarbeit liefern, durch die sich entsprechende Verträge erwirken lassen und
b) die Mühen der praktischen Umsetzung auf uns nehmen.
Die letzten Jahre haben ganz unmißverständlich gezeigt: Nur ein Bruchteil regionaler Kunstschaffender ist bereit, sich auch für ein größeres Ganzes zu engagieren. Die meisten Leute ziehen es vor, bloß Publikationsmöglichkeiten für das eigene Werk zu suchen (Ausstellungen, Auftritte etc.), darüber hinaus keine weiteren Bindungen oder Aufgaben in betracht zu ziehen.
Das kann ja ganz unaufgeregt zur Kenntnis genommen werden. So sieht eben der Status quo aus. Auch wenn evident ist, daß der Staat aus guten Gründen in den Kulturbetrieb investieren muß und weiter investieren wird, meint das natürlich niemanden bestimmten von uns individuell. Das bedeutet AUCH: Es gibt bei den knapper gewordenen öffentlichen Mitteln einen laufenden Verteilungskampf, der keine/n von uns unberührt läßt.
Damit möchte ich klar machen: Der Anspruch auf Budgets wird immer gut begründet sein müssen. Derlei Begründungen müssen über individuelle künstlerische Potentiale darstellbar sein, über größere Zusammenhänge, über konkrete Themenstellungen. Kurz, wir müssen die Budgets, die wir brauchen, verhandeln und dabei mit vorzüglichen Argumenten ausgestattet sein.
Damit möchte ich ferner klar machen: Der Anspruch auf Budgets wird immer in Konkurrenz zu den Ansprüchen anderer anzumelden sein. Wenn ich ein Budget erringe, bedeutet das zwangsläufig, jemand anderer hat es nicht bekommen können. Wenn wir damit nicht offen arbeiten, untergraben wir unsere Fundamente durch Konkurrenzattitüden, die den Betrieb einer ganzen Region beschädigen bis ruinieren können.
Themen? Argumente? Aufgabenstellungen? Im Falle der „Energieregion Weiz-Gleisdorf“ hat sich über die Jahre klar gezeigt, daß eine vor allem esoterische Deutung des Begriffes „Energie“ nun am Ende einer Sackgasse angelangt ist. Das gibt nichts mehr her und vor allem bewirkt es nichts.
Mehr noch, die ausschließlich esoterische Begriffsdeutung erweckt inzwischen den Verdacht, daß damit die Scheu bemäntelt werden soll, jenen enormen Themenkomplex praktisch anzupacken, der unser Leben radikal beeinflußt. Nämlich die unerbittliche Anforderung, unseren gewohnten Umgang mit Natur und Infrastruktur, unseren eklatant hohen Energiekonsum nicht bloß zu überdenken und zu revidieren, sondern neue Denkweisen zu entwickeln, um neue Verfahrensweisen zu finden.
Polemisch verkürzt: Die sprunghaft ansteigenden Energiekosten, damit auch eine immer tiefere Abhängigkeit von profitorientierten Global Players, bedrohen längst unser aller Wohlergehen, weil die Grenzen solchen Konsumverhaltens für eine Massenbevölkerung längst absehbar sind.
Was hat das nun mit Kunst und Kultur zu tun? Künstlerische Praxis und Kunstwerke haben für sich keinerlei nutzbringende Eigenschaften in diesen Fragen wie Anforderungen. Sie sollen das auch gar nicht, weil die Kunst sich selbst Auftrag ist und künstlerische Möglichkeiten dort am weitesten tragen, wo sie nur sich selbst und eben diesen Seiten des Menschen verpflichtet sind.
Damit meine ich, wir sind eine Spezies, die vor wenigstens zehntausend Jahren begonnen hat, symbolisches Denken zu entwickeln. Das hat uns evolutionäre und stammesgeschichtliche Vorteile gebracht. In solchen grundsätzlichen Zusammenhängen ist die Kunst beheimatet.
Ihr Nutzen für die Gesellschaft kann daher nur auf Umwegen gefunden werden. Wo wir uns mit Kunst befassen, egal ob produzierend oder rezipierend, schulen und verfeinern wir unsere Wahrnehmungs-, Denk- und Ausdrucksmöglichkeiten. Das führt dann, wenn man es möchte, auch zu jenen Kompetenzgewinnen, die in eben diesem sozialen Sinn nutzbar, verwertbar, ja sogar vermarktbar sind.
Beachten wir genau diese Trennschärfe, darf die Kunst das bleiben was sie ist, nämlich ein sich selbst verpflichtetes System menschlicher Wahrnehmungs- und Ausdruckserfahrungen, bei dem vollkommen abzulehnen ist, daß es für soziale, touristische, regionalpolitische oder andere Zwecke mißbraucht wird. Jenseits solcher Erfahrungen tun sich dann ganz andere Optionen auf, um mit erhöhten Kompetenzen im Gemeinwesen „nützliche Arbeit“ zu tun. Das sind aber keine Kategorien und keine Agenda der Gegenwartskunst.
Die Aufgabe von „kunst ost“ liegt unter anderem darin, verbindende Bezügen zwischen solchen Positionen zu schaffen und Praxismodelle zu erarbeiten, in denen die Gegenwartskunst regional Boden gewinnt, ohne einem schlampigen Verwertungsdenken geopfert zu werden.
Zugleich übernimmt „kunst ost“ aber auch Verantwortung für das Gemeinwesen, indem hier nicht bloß der Kunst zugearbeitet wird, sondern die schon erwähnten größeren Zusammenhänge soziale Aufgabenstellungen ergeben, mit denen wir uns befassen.
— [Dokumentation] [KWW] —
P.S.:
+) Einer unserer aktuellen Arbeitsschwerpunkte ist in „Dieser Region ein Bild ihrer selbst zu geben“ beschrieben: [link]
+) Die Orientierungsarbeit, bezogen auf die Region und ihre Zukunft, hat einen Arbeitsschwerpunkt in „Vision 2050“: [link]