Gibt es noch ein Geld?

Es ist der Klassiker schlechthin. Eine gutgelaunte Community arbeitet gemeinsam an einer Kunstveranstaltung. Ehrenamt und Hauptamt wirken zusammen, in der Kombination unterschiedlicher Kräfte entsteht ein stattliches Vorhaben.

Die Modalitäten war früh vereinbart, die Regeln sind klar, die Rollen sind verteilt. Die Arbeit läuft. Und sie läuft gut. Da taucht am Rande des Geschehens in einem ganz anderen Zusammenhang das Wort „Geld“ auf; mutmaßlich hier [link] Geld! Kohle! Penunze! Gerschtl! Marie!

Plötzlich meldet sich eine der kunstschaffenden Personen mit dem Anliegen: „Gibt es dann noch ein Geld für meine Arbeit?“ Damit ist das individuelle Werk der Person gemeint. Da können wir jetzt über Jahre — ja! Jahre — betont haben: Hier wird keine Kunstproduktion finanziert, sondern wir akquirieren Gelder für die Kunstvermittlung. Das nutzt nichts, das will nicht gehört werden, denn da ist ja stets neu der Wunsch: „Gibt es dann noch ein Geld für meine Arbeit?“

Äpfel sind keine Birnen, Sessel sind keine Tische, Kunstvermittlung ist keine Kunstproduktion. Ganz einfach. Ganz egal! „Gibt es dann noch ein Geld für meine Arbeit?“

Das Kollektiv, die Arbeitsgemeinschaft, ist nicht für die Werke der einzelnen zuständig, arbeitet nicht für die Werke der einzelnen. Werke tragen wir ALLE bei, weil wir ein Kollektiv von Kunstschaffenden sind, das seine Kräfte und Kompetenzen bündelt, um in der Provinz die Situation der Kunst zu verbessern; und so auch die der Kunstschaffenden. Was wir hier als Kollektiv tun, ist nicht dem Werk und dem Vorankommen einzelner Personen gewidmet, sondern einem größeren Zusammenhang. Aber: „Gibt es dann noch ein Geld für meine Arbeit?“

Wir alle haben also Werke zu erarbeiten und deren Umsetzung zu finanzieren. Wir machen das auf vielfältige Art. Man kann es auf dem Kunstmarkt versuchen, Werke verkaufen und aus diesem Profit neue Werke realisieren. Man kann die langen Wege gehen, um Sponsoren zu finden, welche einem die Kunstproduktion finanzieren. Man kann bei diversen Förderstellen anlaufen, Konzepte vorlegen und eine Förderung seiner Kunstproduktion anstreben. Man kann einen Brotberuf ausüben, Jobs machen, um an die Kohle zu kommen, die man für die eigene Kunstproduktion braucht.

Aber nein, da frage ich doch lieber bei wem anderen, bei einem Kollegen oder einer Kollegin: „Gibt es dann noch ein Geld für meine Arbeit?“

Es kann demnach anscheinend gar nicht oft genug betont werden: „kunst ost“ befaßt sich NICHT mit der Finanzierung von Kunstproduktion. „kunst ost“ ist eine Drehscheibe, die zu Kooperationen führen soll, zur besseren gemeinsamen Nutzung verfügbarer Ressourcen, um in der Provinz, also abseits des Landeszentrums, die kulturelle und kulturpolitische Situation zu verbessern.

Wer angesichts des status quo vor allem einmal seinen oder ihren eigenen Vorteil im Auge hat, in dem Fall das Werden des eigenen Werkes, wird sich in diesen Projekten vermutlich nicht halten können. Wir sorgen alle selbst dafür, daß es unsere Werke gibt. Und wir sorgen ab und zu im Kollektiv dafür, daß diese Werke in einem angemessenen Ereignisraum Platz finden.

Was zur Geldfrage noch anzumerken wäre:
Ich brauche zu jedem Budget, das sich abholen läßt, Rahmenbedingungen, die meine/unsere Chancen für einen Zuschlag verbessern. Zu diesen Bedingungen gehört bisherige Praxis, also zu zeigen, was man schon gemacht hat.

Dazu gehört aber auch ein kohärentes Konzept dessen, was man machen möchte. Es ist meist allerhand Überzeugungsarbeit nötig, die unzählige Arbeitsgespräche verlangt. Es sind dann im Finish auch oft ganz konkrete Meetings notwendig, um die direkten Vorbedingungen für eine Zustimmung zu erreichen. Dazu kommen Arbeitspläne, Kostenpläne, all das, womit sich unsereins natürlich nicht gar so gerne herumschlägt, weil es Kraft und Zeit beansprucht, die sonst in das eigene künstlerische Werk fließen könnte.

Aber warum eigentlich all diese Mühen auf sich nehmen, diese Zeit und Kraft investieren, wenn ich statt dessen das Trittbrett eines fahrenden Zuges erklimmen könnte, um von da aus zu fragen: „Gibt es dann noch ein Geld für meine Arbeit?“

[kunst ost: reflexionen]

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten auf Gibt es noch ein Geld?

  1. Pingback: kunst ost: reflexionen #2 | kunst ost

Schreibe einen Kommentar