Der Gleisdorfer Kunstsammler Erich Wolf demonstriert, daß Ausstellungen nur ein Teil zeitgemäßen Kunstgeschehens sind und daß man sich hier mit einigen Ereignislinien absolut auf Augenhöhe mit dem Zentrum Graz und anderen, weit größeren Orten des Kulturgeschehens befindet.
Damit meine ich, daß es schon vorab Rahmenbedingungen und Mittel in ausreichendem Maß geben muß, damit Kunstschaffen möglich ist. Das setzt wiederum einen breiteren gesellschaftlichen Konsens voraus, denn die Kunst kann nicht bloß dem Markt anvertraut sein. Dieser Konsens hat Kenntnis zur Vorbedingung, ist also an Bildungsfragen geknüpft.
Bei der aktuellen Personale in den Räumen von Erich Wolfs Kanzlei wird eine Werkschau des Feldbachers Karl Karner gezeigt. Der ist ein Mann zwischen Handwerk und Kunst, zwischen einzelnem Exponat und Gesamtkunstwerk, welcher mit Witz und energischem Zugriff eine ironische Sicht auf die Welt schafft.
Das meint unter anderem, Karner verdient sein Brot in einer Kunstgießerei. Daraus folgt, daß er für einen Teil seines Werkes über alle handwerklichen Fertigkeiten selbst verfügt. Er führt also das Gedankliche, Konzeptuelle, Schöpferische selbst auch bei allen Stationen in physische Momente über.
Durch die lebhafte Einführung von Martin Titz und den penibel gearbeiteten Karner-Katalog aus der „Sammlung Wolf“ werden Zugänge zum Verständnis so komplexer Kunstpraxis geöffnet. In der Deutung, der sachkundigen Kommentierung, erhalten wir Gelegenheit, etwas über künstlerische Strategien und Verfahrensweisen mitgeteilt zu bekommen. Hier werden zum Teil genau jene menschlichen Fertigkeiten auf speziellem Niveau angewandt, wie wir sie auch für die Alltagsbewältigung brauchen, wie sie zugleich nötig sind, um auf emotionaler und symbolischer Ebene nicht bloß ein Leben in endloser Routine zu führen.
Das meint auch, künstlerische Praxis bietet Wahrnehmungserfahrungen, die unserem Leben Perspektiven eröffnen, wie sie Tätigkeiten der Alltagsbewältigung in der Regel nicht generieren. Bei Karner handelt das von einem sehr breiten Spektrum der Genres und Techniken. Zeichnungen, Plastiken, Installationen und größere Ensemble, auch Perfomances, bei denen zum Teil Tänzerin Linda Samaraweerova ins Spiel kommt.
So wird über die laufende Ausstellung und den Katalog begreiflich gemacht, daß Gegenwartskunst nicht nur von Objekten, sondern auch von Prozessen handelt.
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