was geschieht, wenn einem wachsenden geflecht von funktionstragenden die kompetenzen ausgehen? dann muß mitunter die propaganda ersetzen, was tüchtigkeit schuldig bleibt. dafür steht in der oststeiermark geradezu exemplarisch der fall herberstein.
„expansion“, „vorzeigebetrieb“, „leitbetrieb“, „tourismusmagnet“, „hoffnungsträger“. die aktuelle station bei den „talking communities“ war an einem kuriosen kriminalfall festgemacht, der sich über wenigstens 30 jahre aufgebaut hat. wir konnten an diesem abend erleben, wie sehr die kausa herberstein für emotionen sorgt, während eine eher rationale debatte der begleitumstände praktisch kein interesse findet.
einige neugierige, einige empörte, der erfahrene gerichts-kiebitz, der kontrahent („warum bewerfen sie die familie herberstein mit dreck?“), der wütende („ich sag das ganz offen, da können die mich klagen.“), aber keine debatte über die gebräuche in den fragen der regionalentwicklung. winfried kuckenberger moderierte die debatte mit dem inzwischen rechtskräftig verurteilten heinz boxan, vormals verwalter auf gut herberstein.
wenn ich schon vorher eher bescheidene erwartungen hatte, was aufklärerisches potenzial regionaler kulturarbeit betrifft – na, da muß ich jetzt selber lachen –, wäre nun mehr als klar, es ist in dieser speziellen erwartung (aufklärerisches potenzial) sehr viel zurückhaltung angebracht. empörung ist leicht zu haben, das wird uns auf dem boulevard vorgehüpft, das zeigen uns auch aktuelle protest-ereignisse rund um das aktuelle „sparpaket“ der steiermark. kritische debatten, die der reflexion gewidmet sind, gehören dagegen nicht zum bevorzugten „format“ im lande.
gut, der abend mit heinz boxan war auch jener, an dem der sk sturm graz ein entscheidendes fußballsoiel absolvierte und prompt österreichischer meister wurde, was in den tagen davor schon für allerhand aufregung gesorgt hatte: [link] aber es ist zweifelhaft, ob wir all zu viel publikum an den sport verloren haben.
und warum befassen wir uns als soziokulturelle drehscheibe mit diesem kriminalfall, an dem der boulevard sich über jahre abgearbeitet hat? unterschätzen sie nicht, in welchem ausmaß manche orts-honoratioren, sobald sie unter anforderungsdruck geraten, zu tricksereien bereit sind, falls ihnen seriöse lösungen nicht einfallen. wir gehen auf eine anstrengende zeit zu, da die umfassende landflucht zunimmt, die struktuellen probleme vor allem kleiner gemeinden sprunghaft steigen, was sich mit kräftespielen aus anderen problembereichen vermengt.
wir sind durchaus gut beraten, vorstellungen zu entwickeln, wie das geht, wenn was geht, also wenn funktionstragende beginnen, einzelnen abzockern zur hand zu gehen, um zwar die verluste von projekten der allgemeinheit aufzubürden, aber die gewinne in private taschen zu schaufeln.
genau DAS ist eines der bemerkenswerten hauptereignisse verschiedenster wirtschaftsunternehmen: gewinne privatisieren, verluste der repulik aufladen. ich hab einige der zusammenhänge solcher modi am beispiel herberstein hier notiert: [link] aber einen öffentlichen diskurs, noch dazu mit einiger kontinuität, sehe ich weder am horizont, noch erahne ich ihn hinter dem nächsten horizont.
— [talking communities] —