kunst ost in der praxis #4

es macht mir erhebliche freude, daß einige leute der „kunst ost“-community so genau verstanden haben, was zeichen der zeit sind und wie wir einige der defizite kompensieren können, welche uns durch aktuelle sparmaßnahmen verursacht wurden. dieses „april-festival“ ist ausdruck einer aktiven und einfallsreichen reaktion auf die budgetprobleme des landes und der kommunen.

gleisdorfs kulturreferent alois reisenhofer und kulturmanagerin nina strassegger-tipl (kulturreferent ist ein politisches amt, das von einer verwaltungsaufgabe unterschieden werden muß)

das bedeutet definitiv nicht, hier hätten bürgerinnen und bürger sich aufgerafft, politik und verwaltung aus ihren aufgaben zu entlassen. aber wir haben schon vor einer weile begonnen, neue modi und möglichkeiten der kooperation zu entwerfen, zu verhandelt und zu erproben.

im beitrag #2 zum thema „kunst ost in der praxis“ habe ich skizziert, welche situation der gemeinderat uns zeigt. gleisdorf, das muß betont werden, steht augenblicklich – im vergleich zu anderen gemeinden – noch ungewöhnlich gut da. und weil die fraktionen offensichtlich die situation möglichst stabil halen möchten, wurde in einigen bereichen kräftig auf die bremse gestiegen. das haben auch wir schmerzlich zu spüren bekommen.

winfried kuckenberger leitet das gleisdorfer "büro für kultur & marketing", repräsentiert also die VERWALTUNG, während kulturreferent reisenhofer für die POLITIK steht; das sind zwei verschiedene instanzen

auf der anderen seite ist allerdings ein ansatz gegeben, mit politik und verwaltung der stadt neue kooperationsweisen auszuloten. das nimmt uns leider nicht die bürde der erheblichen kürzung von mitteln, von ressourcen. da geht’s also nicht bloß um cash. in der „kleinen zeitung“ war eben zu lesen: „Denn, so Stark, sehr viele Serviceleistungen würden von der Gemeinde freiwillig erledigt, die eigentlich gar nicht Aufgabe der Gemeinde wären.“ gleisdorfs bürgermeister christoph stark bevorzugt klartext; siehe: „Soll die Gemeinde so viel helfen?“ [quelle]

wie läßt sich die veränderung also handhaben? wie lassen sich die aktuellen defizite kompensieren? ich hab im beitrag #3 das denkmodell von den „drei sektoren“ erwähnt: 1) staat, 2) markt und 3) zivilgesellschaft. ich bemühe mich, kooperations-situationen zwischen leuten aus diesen drei bereichen herbeizuführen: 1) politik &/ verwaltung, 2) wirtschaft und 3) privatpersonen, vereine etc.

gemeinderat karl bauer (links) und bürgermeister christoph stark repräsentieren zwei bereiche der politik der stadt

das „april-festival“ ist gewissermaßen unser „labor“ für diese perspektive. wie und wodurch können wir politik und verwaltung bewegen, in unsere vorhaben zu investieren? was führt dazu, daß wirtschaftstreibende sich auf unsere projekte einlassen? es scheint ansatzweise so zu gehen: relevante themenstellungen, prozeßhafte arbeit, also auch: kontinuität, ein mindestesmaß an selbstorganisation, also auch: selbstverantwortung, all das in einem zusammenwirken von hauptamt und ehrenamt, also von bezahlter und unbezahlter arbeit.

das bedeutet in summe, den stellenwert von kooperationen höher anzusetzen und teilbereiche zu professionalisieren; im sinne von: engagement und abläufe etwas effizienter gestalten, damit die knapperen mittel besser genutzt werden können.

mir ist aufgefallen, daß manche unserer leute keine trennschärfe zwischen künstlerischer praxis und vermittlungsarbeit aufbringen. so habe ich etwa die kuriose vorhaltung gehört, eine themenstellung würde die „künstlerische freiheit“ einchränken. oder ich erlebe, daß eine künstlerin jemandem im projekt für ihre dienstmagd hält und entsprechend fordernd agiert, ohne selbst etwas erkennbares für das „größere ganze“ beizutragen.

diese unschärfen werden sich noch abarbeien lassen. wie angedeutet, es ist zweierlei, a) als kunstschaffende ein werk zu erarbeiten und b) sich für die kunstvermittlung, die publikation von werken zu engagieren, also etwas beizutragen, damit es so ein kulturfestival gegeben kann, eine serie von veranstaltungen, die koordiniert, organisiert und beworben werden müssen.

ich schreibe hier von zweierlei: von momenten kollektiver kreativität und von zukunftsträchtigen kooperationen engagierter leute aus den drei erwähnen sektoren. die individuelle künstlerische position und freiheit bleibt davon ja unbelastet. als freelancer weiß ich gut genug, daß marktlage und kulturpolitischer status quo natürlich großen einfluß auf meine individuelle situation haben, daß meine möglichkeiten als freischaffender künstler davon sehr wesentlich mitbestimmt werden.

aber eine „regionale kulturpolitik“, die über einzelne gemeindegrenzen hinausreichen würde und mit deren funktionstragenden wir unsere bedingungen verhandeln könnten, gibt es noch nicht. vielleicht bietet das „labor april-festival“ einen ansatz dazu …

— [übersicht] —
— [april-festival] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar